Ich lass mich net verbiegen

"Bayerns bester Barde" Fredl Fesl hat trotz Parkinson das Lachen nicht verlernt

Neustadt/WN. Anderen wäre bei so einer Diagnose wohl das Lachen vergangen, nicht so Fredl Fesl. Obwohl er seit sieben Jahren weiß, dass er an Parkinson leidet, tourt der 56-Jährige weiter durch die Lande und unterhält mit seinen bayerischen Liedern und seinem trockenen Humor Jung und Alt. Unsere Zeitung hatte vor dem Konzert am Mittwoch in der Stadthalle Gelegenheit zu einem Interview mit "Bayerns bestem Barden".


Seit der Veröffentlichung der Platte "D'Welt hat an Vogel" sind über zehn Jahre vergangen. Gibt es irgendwann auch die "7." von Fredl Fesl?

Fesl: Es gäb' eigentlich jede Menge neue Lieder, die ich auch in den Konzerten spiel'. Aber zu einer CD gehört halt auch ein gewisses Gesamtkonzept, und das hab' ich noch nicht gfunden. In Frage kommt ohnehin nur ein Livemitschnitt, weil so die Stimmung rüberkommt. Und das ist immer ein Riesenaufwand, da man drei bis vier Mal das Programm spielen muss, um für das Zusammenschneiden eine Auswahl zu haben. Außerdem müssen diese Konzerte im gleichen Saal stattfinden, damit die Akustik genauso ist - ein Riesenaufwand. Meine vielen Hobbys lassen mir dazu derzeit gar keine Zeit. Gott sei Dank kann mich keine Plattenfirma zu Aufnahmen zwingen. Und viel wichtiger sind mir ohnehin die Liveauftritte vor Publikum.

Wie sehen Sie sich selbst? Sind Sie Kabarettist, Liedermacher oder eher Humorist? Auch als Blödelbarde werden Sie immer wieder bezeichnet.

Fesl: Ich wurde einmal als Bajubarde bezeichnet. Der Begriff gfällt mir eigentlich recht gut. Ansonsten würd' ich mich als Humorist sehen, weil ich bayerische Lieder mit Humor mach'.

Woher nehmen Sie eigentlich die Ideen?

Fesl: Am Anfang der Lieder stehen meistens irgendwelche skurrilen Geschichten. Oft fallen sie mir bei der Heimfahrt von Konzerten ein. Dann fang' ich zu reimen an. Die Melodie kommt erst ganz zum Schluss. Ich weiß am Anfang meist selber nicht, was am Schluss rauskommt. Es ist also nicht so, dass ich mich hinsetz' und sag', jetzt mache ich ein Lied über eine Taxifahrt nach München. Außerdem hat es mir schon in der Schul' Freude gemacht, mit Worten zu spielen und den Sinn zu verdrehen. Wenn einer auskocht ist, dann ist er gar. Wenn er nicht auskocht ist, dann ist er halt ein "Un-gar"... (lacht).

Warum haben Sie eigentlich Ihre Krankheit selbst bekannt gemacht?

Fesl: Früher oder später wär's doch raus komma. Und ich wollt' nicht, dass ich bei irgendwelchen körperlichen Auswirkungen auf der Bühne mit Drogen in Verbindung gebracht werd'. Außerdem war mir wichtig, dass keiner meiner Freund' sagen kann, zu mir hat er kein Vertrauen mehr, weil er mir's nicht sofort erzählt hat.

Hat Parkinson Sie sehr verändert?

Fesl: Ich hab' die Natur und viele andere Dinge schon früher sehr intensiv erlebt. Aber jetzt ist das alles wahrscheinlich noch viel intensiver. Für die Auftritte muss ich mich mehr plagen. Früher hat die Gitarre fast von selbst gspielt, das ist jetzt nimmer so. Aber am Schluss kommt das Gleiche raus. D'Leut' sagen immer wieder, dass sie von meiner Krankheit auf der Bühne überhaupt nix gemerkt ham. Und das ist wichtig für mich. Mich ärgert allerdings, dass es jetzt immer wieder vorkommt, dass Leut' mehr an meiner Krankheit als an dem, was auf der Bühne passiert, interessiert sind. Vor allem die Yellow-Press möcht' am liebsten bis unters Hemd schauen.

Wie sind Sie eigentlich zur Gitarre gekommen? Sie haben doch ganz andere Instrumente gelernt?

Fesl: Richtig, mein Vater war der Leiter von zwei Stadtkapellen, zuerst in Grafenau und dann in Greding. Er wollte natürlich, dass seine Buben da mit marschieren. So habe ich angefangen, Klarinette zu lernen. Auch mit Akkordeon und Trompete hat er mich getrietzt. Die Trompete habe ich eigentlich schon recht gut beherrscht. Musikalisch hab' ich dann aber mit 14, 15 Jahren gar nichts mehr gemacht. Das mit der Musik ging erst wieder bei der Bundeswehr los, als einer auf meiner Stube immer die falschen Griffe gespielt hat. Ich glaube, das war zum "Beatles"-Lied "When I'm sixty four". Da hab' ich mir drei Griffe zeigen lassen, um den Gesang richtig zu begleiten.

Und dann?

Fesl: Dann kam eigentlich gar nichts. Irgendwann hab' ich bemerkt, dass einer in die Studentenkneipe "Song-Parnass" in München, in die ich gegangen bin, umsonst reingedurft hat, weil er eine Gitarre dabei hatte. Da hab' ich mir gedacht, das probier ich auch einmal. So ist das eine Zeitlang ganga. Ich habe immer meine Gitarre mitgenommen und am Eingang gesagt, dass ich net weiß, ob ich heut' spielen muss. Drin hab ich dann meine Gitarre in die Ecke gestellt und zugehört. Das war schon ein richtiges Ritual. Meistens wurden dort Lieder von Künstlern wie Hannes Wader oder Franz-Josef Degenhardt gespielt. Aber auch Country- und Westernmusik gab's. Irgendwann haben sie zu mir gesagt, dass ich heute dran wär', weil zwei Musiker abgesagt hätten. Eineinhalb Stunden sollte ich überbrücken. Da ich nur drei Lieder 'konnt habe, bin ich halt droben gehockt und hab' ewig lang erzählt, was ich jetzt dann irgendwann spielen werd'. Das gab's vorher noch nie. Damit war etwas Neues geboren. Die Leut' waren restlos begeistert und haben gesagt, das musst du morgen wieder machen, Fredl. Irgendwann hat mich dann halt der Hafer gestochen.

Das Geschäft ist sehr schnelllebig. Sie sind seitdem Ihrer Linie treu geblieben. Gab es nicht irgendwann Einflüsse oder Zwänge, die Sie in eine andere Richtung bewegen wollten?

Fesl: Ich lass' mich net verbiegen. Immer wieder haben's zu mir gesagt, ich sollt doch mehr Hochdeutsch singen, dann könnt' man mich noch besser vermarkten. Aber mir reicht das so, wie es ist. Ich habe schließlich an Platten, Kassetten und CDs inzwischen über eine Million Einheiten verkauft. Die genaue Zahl weiß ich gar net. So schlecht kann's also net sein.

Sie haben Ihre Platten für den Titel einfach durchnummeriert. Warum das?

Fesl: Einfach, weil's praktisch ist. Da wissen die Leut' gleich, wie viele ich noch gemacht hab'. Außerdem gibt es doch bei "Fredl Fesl 4" und "Fredl Fesl 6" mit "Bayerische und melankomische Lieder" beziehungsweise "D'Welt hat an Vogel" Untertitel. Und "Die Fünfte'" ist eine Anspielung auf Beethovens "Fünfte".

Was hört Fredl Fesl eigentlich privat für eine Musik?

Fesl: In erster Linie humoristische Sachen. Auch Dixieland und Jazz mag ich gern. Es muss auf jeden Fall eine Musik zum Zuhören sein. Leichte Berieselung mag ich net. Deshalb höre ich im Auto auch nur den Nachrichtensender "Bayern 5".

Wer hat Sie beeinflusst?

Fesl: Das weiß ich nicht so genau. Aber ich find' Karl Valentin und Heinz Erhard gut. Auch Georg Kreisler und Ulrich Roski mag ich. Schwarzen Humor, den viele nicht sofort verstehen, find' ich schön. Auch Monty Python mit ihren skurrilen, und teilweise extrem blöden Geschichten gfalln mir sehr.

Warum machen Sie eigentlich eine Abschiedstournee? Denken Sie ans Aufhören?

Fesl: Nein, einfach weil es lustig ist. Schon als ich von meiner Krankheit gar nichts wusste, hab' ich immer eine Frühjahrs- und Herbstabschiedstournee gemacht. Das geht schon seit Jahren so und soll auch noch möglichst lange so bleiben.